Während die Bundesbank vor zu hohen Immobilienpreisen warnt, zeichnet sich der nächste Schub ab: durch höhere Steuern
Die Bundesbank hat mit
ihrer Warnung vor zu hohen Immobilienpreisen eine größere Debatte ausgelöst.
Dass nach ihren Berechnungen Wohnungen in Großstädten wie Frankfurt, München
oder Köln um bis zu 20 Prozent überteuert sind, könnte auch die Koalitionsverhandlungen
zwischen CDU und SPD beeinflussen: Schließlich propagierten vor allem die
Sozialdemokraten im Wahlkampf eine Bremse für Mietpreise.
Einige Forscher widersprachen am Dienstag
Befürchtungen vor einer Überhitzung des deutschen Immobilienmarktes. 'Wir
erkennen keine Immobilienblase, keine flächendeckende Blase', sagte der
Regensburger Professor Tobias Just bei der Vorstellung einer Studie, an der
auch das arbeitgebernahe IW-Institut beteiligt war. Die Preise in einigen
Großstädten hätten zwar deutlich angezogen, aber dies sei eine Reaktion auf
Marktknappheiten, keine spekulative Übertreibung. Die gestiegenen Preise ließen
sich aus ökonomischen Daten wie niedrigen Zinsen und steigenden Einkommen
erklären. Die Bundesbank hatte dagegen davon gesprochen, die Preise lägen um
bis zu 20 Prozent über dem Niveau, das mit ökonomischen Faktoren erklärbar sei.
Just und die anderen Forscher betonen, es gebe
einen starken Unterschied zu Ländern wie Spanien, Irland und den USA, in denen
zuletzt Immobilienblasen zu beobachten waren. Es habe über die vergangenen 20
Jahre in Deutschland viel weniger Preisschwankungen gegeben. Grund seien ein
funktionierender Mietmarkt und eine solidere Immobilienfinanzierung. Konkret:
Viele deutsche Wohnungs- und Hauskäufer haben mehr Eigenkapital als ihre
Pendants in Spanien, Irland und den USA.
Die Bundesbank präzisierte am Dienstag ihre
Bewertung der Situation. 'Mit Blick auf die Stabilität des Finanzsystems ist es
wichtig, dass Banken jetzt nicht mit dem Strom schwimmen, sondern ihre
Kreditvergabe verantwortungsvoll an die Situation anpassen', sagte Vorstand
Andreas Dombret der Süddeutschen Zeitung. Das lässt sich durchaus als Warnung
an die Banken auffassen. Denn wenn die Bundesbank konkret das Entstehen einer
Blase befürchtet, kann sie den Geldhäusern vorschreiben, mehr Eigenkapital für
ihre Immobilienkredite bereitzuhalten, was die Kreditvergabe dämpfen würde.
Dombret betont, dass er aktuell noch kein Fehlverhalten sieht: Nach derzeitigen
Erkenntnissen sei die Kreditvergabe verantwortungsvoll. Ein Sprecher ergänzte,
im Vergleich zu anderen Ländern seien die Kreditvergabestandards der Banken in
Deutschland als sehr vorsichtig anzusehen: 'Das Volumen der an private
Haushalte ausgereichten Immobilienkredite hat seit 2010 nur moderat
zugenommen.'
Die nächste Preiswelle am Immobilienmarkt
steht womöglich bereits an. Denn was die Verteuerung der Immobilien zusätzlich
befeuert, ist die Anhebung der Grunderwerbssteuer zum Jahreswechsel in gleich
vier Bundesländern, und zwar um bis zu 1,5 Prozentpunkte. Wer sein Erspartes in
ein Häuschen oder in eine Eigentumswohnung stecken will, muss ab 2014 in
Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein noch einmal viele hundert Euro mehr dafür
hinblättern. Auch in Niedersachsen gilt der Dreh an der Steuerschraube als
ausgemachte Sache. Damit kostet der Kauf einer 250000 Euro teuren
Eigentumswohnung ab 1. Januar 2014 beispielsweise zwischen 1250 und 3750 Euro
mehr als noch auf den letzten Metern dieses Jahres, wie der
Baufinanzierungsvermittler Interhyp vorrechnet. Das dürfte so manchen
kostenbewussten Kaufinteressenten weiter unter Druck setzen. Getreu dem Motto:
Nur wer noch bis Silvester ein Objekt unter Dach und Fach kriegt, schafft es,
sich wenigstens diese Extra-Ausgaben vom Hals zu halten. Bereits im August
waren die Notarkosten um etwa 20 Prozent nach oben gezogen.
Nichts überstürzen, warnt aber Felix
Schnellbacher vom Verband deutscher Pfandbriefbanken. Eine so große Investition
wie ein Immobilienkauf dürfe nicht unter Zeitdruck geschehen. Warten koste nur
Geld, ist dagegen Michael Goris überzeugt, Vorstandsvorsitzender der Münchner
Interhyp. Sein Rat: Wer ein konkretes Objekt gefunden hat, sollte jetzt
unterschreiben. Die Grunderwerbssteuer ist nicht zu vermeiden. Sie wird bei
jedem Immobilienkauf fällig. Je nach Bundesland werden Häuslebauer aber
unterschiedlich stark zur Kasse gebeten, Tendenz steigend. Bis 2006 lag der
Steuersatz noch bundeseinheitlich bei 3,5 Prozent. Seither drehen die Länder an
der Steuerschraube. Vergleichsweise günstig mit 3,5 Prozent des Kaufpreises
kommt momentan noch weg, wer sich ein Objekt in Bayern zulegt. Das Saarland
verlangt bereits 5,5 Prozent. Berlin wird von aktuell fünf auf sechs Prozent
hoch gehen, Schleswig-Holstein erhöht von fünf auf den Höchstsatz von 6,5
Prozent.
Allein in Berlin habe sich die
Steuerbelastung beim Immobilienkauf seit 2006 fast verdoppelt, beklagt Goris.
Mit Maklerprovision und neuerdings höheren Notar- und Gerichtskosten macht das
insgesamt 37500 Euro beim Erwerb einer Wohnung für 250000 Euro. Ob sich die
Investition in Zeiten heiß gelaufener Preise einmal als Glücksgriff erweist,
steht in den Sternen.Berrit Gräber, Alexander Hagelüken, Andrea Rexer
Quelle
Verlag Süddeutsche
Zeitung
Datum Mittwoch,
den 23. Oktober 2013